Google+ Julias Buchblog: Dave Eggers - Der Circle

Dienstag, 1. September 2015

Dave Eggers - Der Circle

Der Circle
Dave Eggers
ISBN 9783462046755


„Circle“ ist ein Internet-Unternehmen, das sich die totale Transparenz zum Ziel gesetzt hat. Alles und jedes soll mit der Community geteilt werden, damit alle gleichermaßen Zugang zu sämtlichen Ressourcen und Informationen haben. Die 24-jährige Mae ist glücklich, einen Job beim Circle ergattert zu haben, und lässt sich begeistert auf die Idee des gläsernen Menschen ein. Ihr Einsatz für das Unternehmen führt dazu, dass sie zur Vorzeigemitarbeiterin von Circle wird und sie bald bei jedem ihrer Schritte erst von hunderten, dann bald von zigtausenden Fans beobachtet wird. Aber nicht alle Freunde und Bekannten von Mae sind davon begeistert, dass ihre Privatsphäre von Circle zertrümmert wird...

Datenschutz, digitale Überwachung und Privatsphäre werden aktuell heiß diskutiert, und da der Roman in der Presse hoch gelobt wurde, war ich gespannt auf die Umsetzung dieser heiklen Themen. Ich wurde ziemlich enttäuscht. Die Ansätze sind gut und viele der angeschnittenen Fragen verdienen eine vertiefte Auseinandersetzung. Aber letztlich scheitert das Buch daran, dass diese Fragen nicht zu Ende gedacht oder dem Plott geopfert wurden. Dass die Idee des gläsernen Menschen bei Mae funktioniert, scheint plausibel, denn Mae ist unglaublich naiv, hoch intelligent und begeisterungsfähig und hat ein wahnsinnig geringes Selbstwertgefühl. Das führt dazu, dass sie für ihre Chefs das ideale Versuchskaninchen und Vorführobjekt ist, das sich bereitwillig indoktrinieren lässt. Allerdings ist die naive, unsichere Mae eines nicht: durchschnittlich. Und deshalb ist nicht nachvollziehbar, warum Millionen Durchschnittsmenschen ebenfalls völlig kritiklos bei Circle mitmachen, nur weil Mae es vormacht. Spätestens als vor laufenden Kameras ein tragisches Unglück geschieht, das durch die neusten Circle-Tools ausgelöst wurde, müsste sich eine kritische Debatte entwickeln, nur findet diese im Buch schlicht nicht statt. Auch scheint niemanden zu stören, dass der Circle zwar völlige Transparenz predigt, das aber gerade für die Chefs, die „Drei Weisen“, nicht gilt, so dass diese ungestört im Hintergrund ihre Fäden ziehen und Störenfriede aus dem Weg räumen können. Und dann der Showdown! Die Szene im Aquarium fand ich derart albern, die Metapher derart plump, dass ich mich beim Lesen ständig gefragt habe, ob Dave Eggers das wirklich ernst meint, was er da geschrieben hat. Und nachdem Mae dutzende Male bewiesen hat, dass sie der Circle-Ideologie völlig hörig ist, ist einfach nicht nachvollziehbar, warum gerade sie als Sprachrohr der Kritiker ausgewählt wurde, vor allem wenn man bedenkt, dass der Ober-Skeptiker mindestens so prominent ist wie Mae. All dies führte dazu, dass die Geschichte im letzten Drittel für mich ziemlich unglaubwürdig wurde und statt Beklemmung nur Ärger hervorrief über die oberflächliche Bearbeitung eines so wichtigen Themas.

Fazit: gute Ansätze und Ideen, aber in der Umsetzung nicht ausreichend durchdacht und deshalb unglaubwürdig.

3 Kommentare:

  1. Hm, schade. Aber eine gute Review. :)

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  2. Gute Review, auch wenn ich in meiner etwas anderer Meinung war. Ich finde es gut, dass man sich über das Buch ärgert und es einen wundert, warum sich die Menschen nicht mehr aufregen und wo die Diskussionen abgeblieben. Denn das macht einem bewusster, dass es tatsächlich so ist. Wir nehmen ziemlich viel einfach so hin, was uns erzählt wird... Irgendwie finde ich, dass das Buch sein vermeintliches Ziel damit ziemlich gut erreicht.
    Aber ich muss dir zumindest etwas recht geben, ein bisschen leidet die Geschichte tatsächlich darunter...

    Danke für die tollen Rezessionen auf deinem Blog :)

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