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Sonntag, 12. Juni 2016

Eva Stachniak - Die Zarin der Nacht

Die Zarin der Nacht
Eva Stachniak
ISBN 9783458359708


Katharina die Große, Zarin von Russland, liegt im Sterben. Getroffen von einem Schlaganfall, ziehen Erinnerungen an ihr langes, abwechslungsreiches Leben an ihr vorbei. Sie sieht sich wieder als junge Braut allein in einem fremden Land, als ungeliebte Gemahlin von Großfürst Peter, erlebt aber auch ihren Triumph nochmals, als ihr die Machtergreifung gelingt. Nicht fehlen dürfen da natürlich auch die zahlreichen Liebhaber, die erst die verschmähte Großfürstin und dann die erfolgreiche Herrscherin umgarnen. Aber auch ihre zahlreichen Feinde tauchen wieder auf, und nicht immer sind sie von den Freunden klar unterscheidbar...

Auch wenn die Aufmachung des Buches das suggeriert, ist "die Zarin der Nacht" nicht der zweite Teil von Der Winterpalast, sondern ein eigenständiger Roman über das (ganze) Leben von Katharina der Großen. Die Idee, die Romanbiographie anhand von Rückblenden als Erinnerungen der sterbenden Zarin zu konstruieren, fand ich einerseits großartig, weil das sehr detailgetreu umgesetzt ist. Aus medizinischer Sicht ist der Ablauf des Schlaganfalls sehr gut geschildert, die Art, wie Katharina ihre Umwelt wahrnimmt, wie sich ihr Erinnerungsvermögen verändert, ihre Emotionen, als sie ihre Situation begreift. Gleichzeitig bedingt das aber, dass die Erzählung nicht chronologisch ist, sondern sprunghaft. Und je weiter sich der Schlaganfall entwickelt, desto bruchstückhafter werden die Erinnerungen und die Szenenschnipsel wechseln immer schneller. Wer nicht schon eine Grundahnung von Katharinas Leben, ihrer Zeit und dem russischen Zarenhof hat, dürfte da irgendwann den Überblick verlieren. Zudem nehmen die Liebhaber für meinen Geschmack einen etwas zu großen Raum ein. Zweifellos waren sie ein wichtiger Aspekt in Katharinas Leben, aber ihre Aufgaben als Herrscherin, ihr feines Gespür für politische Entwicklungen und ihr Wille, Russland fest im europäischen Machtgefüge zu verankern - also all das, was ihr letztlich den Beinamen "die Große" eingebracht hat -, kommen mir eindeutig zu kurz. Zusammen mit der etwas hölzernen Figurenzeichnung führt das dazu, dass mir "die Zarin der Nacht" zwar besser gefallen hat als "der Winterpalast", ich aber in Zukunft trotzdem wohl keine Bücher von Eva Stachniak mehr lesen werde.

Fazit: in der Grundanlage eine faszinierende Idee, die aber als Romanbiographie nicht wirklich aufgeht.

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