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Samstag, 26. Mai 2012

Bettina Bormann - Imago. Für immer dein

Imago – für immer dein
Bettina Bormann
ISBN 4042564122619

Der Erstlingsroman „Imago – für immer dein“ der Hamburger Künstlerin Bettina Bormann erzählt eine Geschichte, die mit völlig alltäglichen Szenen beginnt, aber von Seite zu Seite markabrere Züge annimmt:

Sabrina Rohner, 35, ist Taxifahrerin und hat über den Berufsalltag hinaus kaum soziale Kontakte. Ihr Vater, ehemals ein Schürzenjäger, ist seit 18 Jahren verschwunden, was Sabrina nie verwunden hat und zumindest teilweise auf eigenes Verhalten zurückführt. Ihre Schuldgefühle äußern sich in Selbstkasteiung und latenten Vorwürfen gegenüber ihrer manipulativen Mutter Elisabeth. Aber als pflichtbewusste Tochter muss sie sich um die alltäglichen Bedürfnisse von Elisabeth kümmern, da diese seit dem Verschwinden ihres Mannes ihre Wohnung nicht mehr verlässt. Erst als Sabrina nach dem Tod ihrer Mutter in der Bettzeugschublade die mumifizierte Leiche ihres Vaters mit eingeschlagenem Schädel findet und begreift, dass er sie gar nie verlassen hat, blüht sie auf und lebt an seiner Seite ein morbides Familienidyll.
Wer hier schon über die neurotischen Protagonisten den Kopf schüttelt, sei gewarnt: die Nebenfiguren sind nicht minder pathologisch. Da ist etwa Sabrinas Nachbarin, die es hinnimmt, vom Ehemann und von ihrem Liebhaber gleichermaßen verprügelt zu werden. Außerdem gibt es da den despotischen Nachbarn, der von der Mumie weiß und Elisabeth und Sabrina zu erpressen versucht. Oder die alte Biologielehrerin, die derartige Probleme mit Gift löst, durchdrungen von Männerhass, seit ihre Schwester nach einer Vergewaltigung Selbstmord begangen hat. Und zuletzt noch Lea, eine Halbschwester Sabrinas, die von ihrem Sportlehrer, den sie verführt hat, schwanger ist und sich auf die Suche nach ihrem eigenen Erzeuger macht. Doch Sabrina ist nicht bereit, den geliebten Vater zu teilen.

Aber diese Ansammlung an skurilen Figuren ist nicht nur das Hauptmerkmal der Geschichte, die schwache Figurenzeichnung ist eben auch das Hauptproblem des Romans. Klar, auf 170 Seiten bleibt neben der stellenweise recht dichten Handlung wenig Raum für eine detaillierte Charakterentwicklung. Trotzdem wären weniger klischeehafte und überzeichnete Geschlechterrollen ganz nett gewesen. Die Männer entpuppen sich durchs Band als tyrannische Ekel, die Frauen reagieren darauf mit (selbst)zerstörerischen Verhaltensweisen. Störend auch sind die „Monologe“, die den Kapiteln vorangestellt sind: eine seltsame Mischung aus Gedichten, Lexikoneinträgen und vagen Gedanken. Die Geschichte selbst mit all ihren markabren Wendungen ist flüssig erzählt, in relativ kurzen, einfachen aber bildhaften Sätzen. Sehr schön ist die beigelegte Hörbuchfassung, von der Autorin selbst eingelesen. Der Schluss bietet eine Wendung, die durchaus überrascht, aber gut zu den Charakteren passt und stimmig erscheint. Dass die Logik dabei untergeht, ist da nebensächlich.

Fazit: Wer seichte Unterhaltung mit morbidem Unterton mag, wird nicht enttäuscht. Wer sich jedoch eine Geschichte wünscht, bei der man sich mit den Protagonisten identifizieren kann, sollte „Imago“ besser nicht zur Hand nehmen: die einzige halbwegs sympathische Figur im ganzen Roman ist die Katze.

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