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Samstag, 5. Mai 2018

Stacy Schiff - Kleopatra

Kleopatra - Ein Leben
Stacy Schiff
ISBN 9783641083311


Die ägyptische Königin Kleopatra ist heute umrankt von vielen Geschichten und Mythen: die intrigante Prinzessin, die mit märchenhafter Schönheit, Dekadenz und Sexappeal der Reihe nach römische Feldherren verführt, bis sie sich mit einem Schlangenbiss selbst tötet, um einer Gefangennahme zu entgehen. Stacy Schiff will hinter diese glänzende Kulisse schauen und zeichnet ein Bild einer beeindruckenden Frau, die ihr dem Untergang geweihtes Königreich mit Klugheit, politischem Gespür und einer guten Portion Skrupellosigkeit zu einer letzten Blüte führt, bis die römische Übermacht sie schließlich zum Aufgeben zwingt.

Stacy Schiff schreibt eigentlich ausgezeichnete Biografien, aber sie sollte besser bei Personen aus dem 20. Jahrhundert bleiben, denn als studierte Althistorikerin und begeisterte Leserin von (Roman)Biografien war ich von diesem Buch in doppelter Hinsicht enttäuscht. Zwar erhebt das Buch Anspruch auf historische Genauigkeit und führt in jedem Kapitel eine beachtliche Menge an Belegen an. Allerdings geht Schiff sehr willkürlich mit den Quellen um: im ersten Kapitel führt sie detailliert aus, weshalb diese fast alle mäßig glaubhaft seien (alles Männer, fast alle Römer und die meisten auch nicht zeitgenössisch). Aber wenn es ihr passt, nimmt sie genau diese Quellen (andere gibt es ja nicht) völlig unkritisch als Beleg für ihre teils sehr blumigen Schilderungen. Mit der Sekundärliteratur geht sie ähnlich unbekümmert um, sie stützt sich auf einige ausgewählte, weitgehend englischsprachige Werke und ignoriert damit einen Großteil der (deutschen und französischen) Forschung, was entsprechend zu diversen Patzern führt. Das mindert den historischen Wert dieses Werks beträchtlich, wäre aber bei einer packend geschriebenen Romanbiografie zu verzeihen gewesen. Aber das Buch liest sich über weite Strecken schwerfällig, es ist eine eigenartige Mischung zwischen farbenfrohen, opulenten Szenen und trockenen Erklärungen der Hintergründe. Und die vielen Belege stören gerade im E-Book den Lesefluss enorm. Denn obwohl man aufgrund der Verlinkung spielend vom Text zur Fußnote und wieder zurück wechseln kann, befinden die Belege gesammelt am Ende jedes Kapitels (statt am Ende des Buches), so dass man sie jeweils mühsam überblättern muss, bevor man das nächste Kapitel beginnen kann. Für das Bemühen, tiefer zu blicken als die üblichen Kleopatra-Klischees, runde ich auf sehr knappe drei Sterne auf, aber mit gutem Gewissen kann ich das Buch eigentlich nicht weiterempfehlen.

Fazit: weder für historisch Interessierte noch für Liebhaber von Romanbiografien wirklich empfehlenswert.


Herzlichen Dank an Randomhouse fürs Rezensionsexemplar!

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